Innovation versus Tradition

Die zögerliche Akzeptanz von Ventilhörnern und Ventiltrompeten in den Hoforchestern zu Weimar und Dresden

Autor/innen

  • Christian Ahrens

DOI:

https://doi.org/10.71046/simjb.2020-2021.7

Abstract

Bei vielen Musikern, Komponisten und Theoretikern fanden Blechblasinstrumente mit dem 1815 erfundenen Ventilmechanismus lange Zeit keine uneingeschränkte Zustimmung. Insbesondere das Ventilhorn stieß bis weit über die Mitte des 19. Jahrhunderts auf vehemente Ablehnung, seine Einführung in den Orchestern zog sich Jahrzehnte hin. Militär- und Laienmusiker hingegen erkannten rasch die Vorzüge der neuen Modelle und wussten diese in jeder Beziehung ›gewinnbringend‹ einzusetzen.

Nicht nur die Musiker, auch die Verwaltungsbeamten der Orchester taten sich schwer mit der Akzeptanz von Ventilinstrumenten. 1819 reichte Heinrich Stölzel, einer der Erfinder der Ventile, am Herzogshof zu Weimar zwei Ventilhörner zur Begutachtung ein. Er erhielt sie jedoch postwendend zurück mit der Begründung, man habe keinen Bedarf und müsse überdies für den soeben eingestellten Kapellmeister Johann Nepomuk Hummel einen neuen Flügel anschaffen. Nicht besser erging es 1836 der Firma von Josef Felix Riedel. Diese hatte zwar lediglich eine Preisliste in Weimar eingereicht und auf die Vorteile der neuen Modelle hingewiesen, aber die Hofverwaltung teilte schlicht mit, man habe die Unterlagen an das Militärkommando abgegeben.

Singulär war die Situation in Dresden. Im dortigen Hoforchester fanden Ventilinstrumente bereits seit den 1830er Jahren Verwendung, im Trompetercorps jedoch bevorzugte man weiterhin Modelle ohne Ventile. Erst 1862 ersuchten die Trompeter ihren Dienstherren um den Ankauf von zwei Ventiltrompeten, zur Verwendung im evangelischen Hofgottesdienst und bei »anderen Feierlichkeiten«. Zur Erfüllung ihrer zeremoniellen Funktionen im geistlich-katholischen wie im weltlichen Bereich begnügten sie sich allerdings bis zum Ende der Monarchie 1918 mit Naturtrompeten.

Innovation versus Tradition : The Reluctant Acceptance of Valve Horns and Valve Trumpets in the Court Orchestras of Weimar and Dresden
For a long time, brass instruments with the valve mechanism invented in 1815 did not receive unanimous approval from many musicians, composers, and theorists. The valve horn, in particular, faced vehement rejection well into the mid-19th century, and its introduction into orchestras took decades. Military and amateur musicians, however, quickly recognized the advantages of the new models and made the most of them in every respect.

Not only musicians, but also orchestra administrators struggled with the acceptance of valve instruments. In 1819, Heinrich Stölzel, one of the inventors of the valves, submitted two valve horns for evaluation at the court of Weimar. They were promptly returned with the explanation that there was no need for them and that a new grand piano had to be purchased for the recently hired conductor Johann Nepomuk Hummel. In 1836, the company of Josef Felix Riedel fared no better. Although it had only submitted a price list in Weimar and highlighted the benefits of the new models, the court administration simply replied that the documents had been forwarded to the military command.

The situation in Dresden was unique. Valve instruments had been used in the court orchestra there since the 1830s, but the trumpet corps continued to prefer models without valves. Only in 1862 did the trumpeters request their patron to purchase two valve trumpets for use in Protestant court services and »other celebrations«. For their ceremonial functions in both ecclesiastical-Catholic and secular contexts, however, they continued to use natural trumpets until the end of the monarchy in 1918.

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Veröffentlicht

23.02.2025

Zitationsvorschlag

Ahrens, C. (2025). Innovation versus Tradition: Die zögerliche Akzeptanz von Ventilhörnern und Ventiltrompeten in den Hoforchestern zu Weimar und Dresden. Jahrbuch Des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz, (2020-2021), 56–73. https://doi.org/10.71046/simjb.2020-2021.7

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